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Feminismus und Freiheit – für eine Welt ohne Unterdrückung

Vom Frauenkollektiv Stuttgart

„Jin Jian Azadi – Frau Leben Freiheit“

Diese Parole fand in den letzten Jahren auch aufgrund der Revolution im Iran, die mit der Ermordung von Jina Masa Amini seinen Lauf nahm, immer mehr Einzug auf Demonstrationen, auch in Deutschland.
Aber was bedeutet es für Frauen in Deutschland, ein Leben in Freiheit zu führen, und was bedeutet das für den Feminismus?

„Durch die erkämpften Rechte haben Frauen mehr Freiräume, aber eine Freiheit oder Befreiung ist durch Gesetze nicht erreichbar.“

Historisch haben die Feministinnen der ersten und zweiten Frauenbewegung in Deutschland viele Rechte erstritten, die auch heute noch gelten. Zum Beispiel gilt seit 1918 das Frauenwahlrecht, die Vergewaltigung in der Ehe wurde verboten (erst 1997). Und auch dass Frauen und Menschen mit Uterus die Möglichkeit haben, bis zur 12. Woche unter bestimmten Bedingungen, einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen zu lassen, musste hart erkämpft werden. Das alles sind Hilfen für Frauen und haben zu mehr Rechten geführt, dennoch ist wichtig, dabei zu benennen: Durch die erkämpften Rechte haben Frauen mehr Freiräume, aber eine Freiheit oder Befreiung ist durch Gesetze nicht erreichbar.

Außerdem wird leider deutlich, dass Gesetze, die von Frauenrechtler*innen erkämpft wurden, auch schnell wieder (zu Ungunsten) verändert oder aufgelöst werden können. Das zeigt sich zum Beispiel in den USA, dort wurde 2022 das landesweite Recht auf Abtreibung gekippt, so entstand ein rechtlicher Flickenteppich. Schwangerschaftsabbrüche sind in diversen Bundesstaaten inzwischen praktisch verboten, während andernorts eine – im Vergleich zu deutschen Verhältnissen – weiterhin recht liberale Gesetzgebung gilt. Also bedeutet das: Die Freiheit von Frauen und weiblich gelesenen Personen kommt auf die Machtverhältnisse an, die gerade herrschen. Und das wiederum bedeutet, dass ein gesellschaftlicher Wandel unabdingbar notwendig ist, um unterdrückende Verhältnisse abzuschaffen.

Doch was sind „unterdrückende Verhältnisse? Ich beziehe mich in diesem Text damit auf den Kapitalismus und das Patriarchat: Der Kapitalismus als Unterdrückungsform zeigt sich durch Profitmaximierung, Diskriminierung, Brutalität, Rassismus, Krieg, Armut trotz Arbeit, Erwerbslosigkeit, schlechte oder gar keine Wohnungen, selektiver Zugang zu Bildung, Konkurrenzdruck, Ausbeutung des menschlichen Körpers und der Gesundheit und Zerstörung von Natur und Tierwelt. Das sind nur einige Ausdrücke der herrschenden Verhältnisse, die den Profit über die Bedürfnisse der Menschen stellen und es zeigt uns: Wir leben in Verhältnissen, die uns Tag für Tag unterdrücken.
Das Patriarchat ist ein Mechanismus zur Unterdrückung von Frauen, den es schon viel länger gibt als den Kapitalismus. Es kam mit dem Sesshaftwerden der umherziehenden Stämme im europäischen Raum und der damit einhergehenden Entstehung des Privateigentums auf und bedeutet „Herrschaft der Väter“. Die gehobene Stellung der Mutter in der Gesellschaft wurde gestürzt – aus der respektierten Frau wurde das Eigentum der Familie bzw. der Männer und die männliche Erbschaftslinie wurde die Entscheidende. Das Patriarchat zeigt sich heutzutage unter anderem durch die Herabwürdigung von Frauen, dem (binären) Bild der schwachen, gefühlvollen Frau im Gegensatz zum harten, gefühlfreien Mann und/oder psychische, körperliche und sexuelle Gewalt – um nur einige Beispiele zu nennen.

„Die Freiheiten wurden uns nicht geschenkt und können uns jederzeit wieder genommen werden.“

Deshalb gilt beim Thema feministische Freiheitsrechte: Wir fordern das maximal Mögliche! Wir wollen nicht nur den Kuchen, wir wollen die ganze Bäckerei – wie es so schön heißt. Die Freiheiten wurden uns nicht geschenkt und können uns jederzeit wieder genommen werden, deshalb müssen wir als Frauen und Menschen, die vom Patriarchat unterdrückt werden, für uns einstehen. Wir kommen nicht drum herum, zu kämpfen, zu streiten und zu fordern, für feministische Frauenfreiräume, für die feministische Freiheit, für die Emanzipation aller Menschen.

Denn im Feminismus kämpfen wir nicht nur für die Rechte von Frauen. Alle Geschlechter können Freiheit erlangen, wenn kein Geschlecht vom anderen unterdrückt wird! Und das bedeutet auch, dass wir alle gemeinsam einen feministischen Kampf für mehr Freiheit für uns alle führen können und müssen, um gemeinsam gesellschaftliche Veränderungen zu erkämpfen, die uns alle weiter und mehr Freiheit bringen und somit alle Menschen ohne Ausbeutung und Unterdrückung leben können.

Deshalb ist es wichtig, dass wir gemeinsam gegen Ausbeutung und Unterdrückung auf die Straße gehen, sei es in Deutschland, sei es im Iran oder anderswo – weltweit ist es notwendig, für unsere Freiheit zu kämpfen und gemeinsam aktiv zu werden!

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