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LeerstÄND statt Wohnraum – Aktuelles zum EnBW-Areal

vom Stadtteilclub Ostend

Unsere Forderung: Bezahlbarer Wohnraum für Menschen, statt Rendite für Konzerne

Das EnBW-Areal in Stuttgart-Ost steht seit mehreren Jahren leer – ein Schandfleck mitten in einer Stadt, deren Bewohner*innen seit Jahren unter Wohnraummangel leiden. Dabei sollte das 4 Hektar große Gelände der EnBW zu einem Vorzeigeprojekt werden: 800 Wohnungen, öffentliche Plätze und ein integriertes Energiekonzept waren geplant. Diese Vision war fest in die Internationale Bauausstellung 2027 (IBA27) eingebunden, die Stuttgart eine Bühne für innovative und fortschrittliche Stadtentwicklung bieten sollte. Doch statt Fortschritt, herrscht Stillstand.

Bauprojekt auf Eis gelegt – wegen „zu geringer Renditen“

Anfang 2023 legte die EnBW das Bauprojekt überraschend „vorübergehend“ auf Eis. Der Grund: Die zu erwartenden Renditen seien zu gering. Stuttgart gehört zu den Städten mit den höchsten Mietpreisen in Deutschland. Besonders in zentralen Lagen wird bezahlbarer Wohnraum zunehmend knapp, was Geringverdiener, Familien und ältere Menschen aus der Stadt verdrängt.
Hier hätte „der neue Stöckach“, wie das EnBW-Areal tituliert wurde, einen Hoffnungsschimmer darstellen können. Doch stattdessen bleibt das Gelände ungenutzt. Und das wohlgemerkt, während die EnBW einen Gewinnsprung von 60 Prozent erzielte, 6,4 Milliarden Euro verdiente und über 2 Milliarden Euro an Aktionäre ausschüttete – ein Sinnbild dafür, dass der Profit vor den Bedürfnissen der Menschen steht.

Selbst wenn gebaut worden wäre, …

… stellt sich die Frage, ob die Wohnungen für die Menschen gedacht waren, die sie am dringendsten brauchen. Nur etwa 40% der Wohnungen, sollten sozial gefördert sein – das bedeutet, sie wären durch öffentliche Mittel unterstützt und dafür an Menschen mit einem bestimmten Einkommen vermietet worden. Doch konkret war nur eine von zehn Wohnungen als Sozialmietwohnung vorgesehen. Weitere 30% sollten an mittlere Einkommensbezieher gehen, was in Stuttgart (Stand 2022) einem Bruttoeinkommen von 4.373 Euro pro Monat entspricht. Die übrigen Wohnungen hätten Mietpreise von über 20 Euro pro Quadratmeter gehabt, was zeigt, dass vor allem zahlungskräftige Mieter angesprochen werden sollten.

„Seit dem Stopp des Bauprojekts herrscht Funkstille – sowohl von Seiten der EnBW als auch der Stadtverwaltung.“

Stillstand trotz Wohnungsnot

Seit dem Stopp des Bauprojekts herrscht Funkstille – sowohl von Seiten der EnBW, als auch der Stadtverwaltung. Die Stadt Stuttgart hat zwar ein Vorkaufsrecht und Interesse bekundet, das Gelände zu kaufen, doch die Verhandlungen stocken. Die EnBW spekuliert auf einen Verkaufspreis, der weit über dem aktuellen Wert des Areals liegt, da sie den potenziellen Gewinn einer späteren Umwidmung zu Bauland für die Nutzung als Wohnraum in ihre Forderungen einrechnet. Während Insider von einem möglichen Preis von bis zu 500 Millionen Euro sprechen, ist dies – so die Stimmen der Stadt – im aktuellen Haushalt nicht vorgesehen – was auch erklären könnte, warum die Verhandlungen nicht vorangehen.

Konkrete Abhilfe könnte auch schaffen, dass die Stadt Geld in Menschen statt in Prestigeprojekte investieren würde: Statt knapp 40 Millionen Euro in den Stadionumbau zu stecken, die Schleyerhalle für ca. 600 Millionen einreißen und wieder aufbauen zu lassen und dann noch die Oper für mehr als 1 Mrd. Euro zu sanieren, sollte es naheliegender sein, die Grundbedürfnisse der Menschen in den Mittelpunkt zu stellen und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Dabei steht das EnBW-Areal aber exemplarisch für ein generelles Problem: Flächen werden bewusst leer gehalten, um auf steigende Preise zu setzen, während die Bevölkerung unter dem Wohnraummangel leidet. In vielen Städten wird mit Wohnraum spekuliert, was die Mietpreise weiter in die Höhe treibt und soziale Ungleichheiten verschärft.

„Konkrete Abhilfe könnte auch schaffen, dass die Stadt Geld in Menschen statt in Prestigeprojekte investieren würde.“

Lösungsansätze – Entwickeln oder vergesellschaften

Es gäbe durchaus Möglichkeiten, den Stillstand zu überwinden. Eine davon wäre die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme nach § 165 des Baugesetzbuches. Diese ermöglicht es der Stadt, ein privates Grundstück zu kaufen oder den Eigentümer – also die EnBW – zur Entwicklung zu zwingen, wenn eine besondere Notlage besteht. Angesichts des seit Jahren steigenden Wohnungsbedarfs in Stuttgart, dürften die Kriterien erfüllt sein:

  1. Erhöhter Bedarf an Wohn- und Arbeitsstätten,
  2. Errichtung von Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen und
  3. Wiedernutzung brachliegender Flächen.

Diese Maßnahmen wurden bereits zweimal im Stadtrat beantragt – jedoch erfolglos. Während SPD und FrAKTION dafür stimmten, lehnten CDU, FDP, AfD und die Grünen den Antrag ab. Besonders bei den Grünen, die in ihrem Kommunalwahlprogramm fordern, „Plätze den Menschen zurückzugeben“, wirkt dies widersprüchlich.

Alternativ könnte das Areal gemäß Artikel 15 im Grundgesetz vergesellschaftet werden – so wie es in Berlin durch „Deutsche Wohnen & Co Enteignen“ angestoßen wurde. Diese Maßnahme würde das Areal in öffentliches Eigentum überführen, um es nach den Bedürfnissen der Menschen zu gestalten.
Beides sind gute Mittel, damit die Industriebrache zum dringend benötigten Wohnraum gemacht wird.

„Es wird an uns liegen den notwendigen Druck dafür aufzubauen und dafür zu sorgen, dass bezahlbarer Wohnraum im Sinne der Menschen entsteht.“

Wohnraum für alle statt LeerstÄND

Die Stadt wird sich nicht von sich aus mit der EnBW anlegen und dafür sorgen, dass die Industriebrache zu Wohnraum wird. Es wird an uns liegen, den notwendigen Druck dafür aufzubauen und dafür zu sorgen, dass bezahlbarer Wohnraum im Sinne der Menschen entsteht.
Wir haben uns als Stadtteilclub Ostend generell auf die Fahne geschrieben, den Stadtteil lebenswerter gestalten zu wollen und damit auch die Stadt und die Gesellschaft. Daher haben wir uns das Thema rund um das EnBW-Areal auf die Fahne geschrieben. Wir setzen uns ein für bezahlbaren Wohnraum für alle, dafür dass kein Profit mit Wohnraum gemacht werden kann und dass das EnBW-Areal jetzt nach unseren Bedürfnissen gestaltet wird.

Für den Stadtteilclub ist eines klar: Das EnBW-Areal gehört den Menschen und muss auch im Sinne der Menschen gestaltet werden.

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