W

Woher kommt der Name des Stadtteilzentrums?

Das Stadtteilzentrum Gasparitsch ist benannt nach Hans Gasparitsch. Hans Gasparitsch wurde im Stuttgarter Osten geboren und war antifaschistischer Widerstandskämpfer. Er wurde aufgrund seines Widerstands gegen das faschistische Regime verhaftet und war jahrelang in Gefangenschaft in verschiedenen Konzentrationslagern. Nach dem Ende des Nationalsozialismus hat sich Hans Gasparitsch bis zu seinem Tod gegen Faschismus, Rassismus und für eine bessere Welt engagiert.
Hans Gasparitsch ist für uns ein Beispiel für den Kampf für eine bessere Welt. Diese bessere Welt will auch das Stadtteilzentrum Gasparitsch erreichen, daher ist es ein Ort, in dem menschenverachtendes Gedankengut keinen Platz hat und weltoffenes und solidarisches Miteinander Platz findet.

Die Namensgebung des Stadtteilzentrum Gasparitsch war daher recht bald klar – aber wer war Hans Gasparitsch genau?

Hans Gasparitsch – ein Lebenslauf

Kindheit und Jugend

Hans Gustav Robert Gasparitsch wurde am 30.3.1918 in Stuttgart-Ost geboren. Er wuchs als Einzelkind auf im Milieu der Arbeiterbewegung, wurde durch seine Eltern pazifistisch und sozialistisch erzogen. Zunächst besuchte Hans Gasparitsch die Volksschule in Ostheim, bis er auf die weiterführende Stöckach-Realschule wechselte. Nachdem sein Vater das Schulgeld nicht mehr zahlen konnte, begann Hans Gasparitsch mit 14 Jahren eine Lehre als Schriftsetzer.

Hans Gasparitsch war in seiner Kindheit und Jugend im Arbeiterschwimmverein (ASV) aktiv, wanderte mit den Naturfreunden und nahm 1930 und 1931 an Zeltlagern der „Roten Falken“ teil.

Nach der Machtübernahme 1933 verhafteten die Nationalsozialisten Mitglieder der Arbeiterbewegung, verboten deren Organisationen, beschlagnahmten Heime und Sportstätten. Hans Gasparitsch und die Kameraden aus dem ASV wechselten zunächst zu einem bürgerlichen Sportverein. Doch bald wollten die meisten politisch gegen die Nationalsozialisten arbeiten, denn die „Abscheu“ gegen die Nazis und deren Methoden wuchs. Ursprünglich als eine Wandergruppe im Herbst 1933 gegründet, politisierte sich die Wandergruppe immer mehr. Es gründete sich die „Gruppe G“ wie „Gemeinschaft“, bei welcher Hans Gasparitsch Mitbegründer war. In dieser Gruppe wurden geheime Treffen abgehalten, bei welchen über Politik diskutiert wurde. Die Mitglieder der Gruppe bildeten sich politisch, druckten und verteilten Flugblätter und malten Parolen an die Wände. Am 14. März 1935 pinselte Hans Gasparitsch die Parolen „Rot Front!“ und „Hitler=Krieg“ auf die Sockel der Rossebändiger-Statuen im Schlossgarten. Am selben Tag wurde er von der Polizei verhaftet. Da er Farbspritzer an der Kleidung hatte und die Materialien noch bei sich trug, half leugnen nichts.

10 Jahre in Gefangenschaft

Nach einjähriger Untersuchungshaft verhandelte das Oberlandesgericht Stuttgart im März 1936 gegen Hans Gasparitsch und weitere 24 junge Leute wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“. Das Gericht verurteilte Hans Gasparitsch unter Anrechnung der Untersuchungshaft zu zweieinhalb Jahren Gefängnis. Das Urteil erfolgte wenige Tage vor Hans Gasparitschs 18. Geburtstag. Hans Gasparitsch verbüßte die Haft im Landesgefängnis „Oberer Kuhberg“ Ulm. Kurz vor Ende seiner Haft kam er in das KZ Welzheim. 1937 wurde Hans Gasparitsch ins KZ Dachau „verschubt“. Er arbeitete dort in verschiedenen Bereichen, zb. im Straßenbau, bei der Putzkolonne, die die Wachtürme putzte und in der Schneiderei. 1939 wurde er ins KZ Flossenbürg verlegt, da das KZ Dachau mit Kriegsbeginn als Truppenübungsplatz für die SS-Verbände genutzt wurde – alle Gefangenen wurden verlegt. Nach ½ Jahr wurde Hans Gasparitsch wieder zurück ins KZ Dachau verlegt, dort arbeitete er als Lagerschreiber. Lagerschreiber war eine wichtige Position innerhalb des KZ, Hans Gasparitsch konnte an dieser Stelle mit kommunistischen Mithäftlingen ein Untergrundnetz aufbauen. Als dieses enttarnt wurde, wurde er 1944 in eine Strafkompanie im KZ Buchenwald verlegt. Zunächst musste er dort im sogenannten Todeskommando im Steinbruch arbeiten, bis politische Mithäftlinge ihn ins lebensrettende „Kommando Effektenkammer“ versetzen lassen konnten. Die Solidarität der anderen politischen Gefangenen sicherte sein Überleben sowohl psychisch als auch physisch. So überstand Hans Gasparitsch auch die gefährliche Endphase der NS-Herrschaft. Nach der Befreiung des KZ Buchenwald, kehrte Hans Gasparitsch im Mai 1945 nach Stuttgart zurück.

Zurück in Stuttgart – Arbeitsleben

Nach seiner Rückkehr bewarb sich Hans Gasparitsch bei der Stuttgarter Polizei um eine Anstellung. Er wollte dort die Neuaufstellung der Polizei nach dem Naziregime mitgestalten. Zum 1. Juli 1945 wurde er als Kriminalangestellter eingestellt. Ab Ende des Monats erschien er jedoch nicht mehr zum Dienst im Hotel Silber. Er hatte eine andere Tätigkeit gefunden, bei welcher er mehr Chancen sah, die Entnazifizierung Deutschlands zu unterstützen. Daraufhin arbeitete er in der Entnazifizierungsabteilung der US-Militärverwaltung, die jedoch 1948 ihre Aktivitäten weitgehend einstellte. Da Hans Gasparitsch keinen für eine Berufsausbildung ausreichenden Schulabschluss hatte, ging er 1949 nach Jena auf die Arbeiter-und-Bauern-Fakultät und holte dort 1950 das Abitur nach. Er studierte Journalismus in Leipzig. Nach Abschluss des Studiums (1953) ging er nach Stuttgart zurück. Von 1953 bis 1956 war er Redakteur des KPD-Organs „Volksstimme“ in Stuttgart. Nach dem KPD-Verbot 1956 wurden die Zeitungen „Volksstimme“ und „Badisches Volksecho“ ebenfalls verboten. Bei anderen Zeitungen konnte er wegen seiner politischen Haltung nicht Fuß fassen. Daraufhin verdiente Hans Gasparitsch seinen Lebensunterhalt zusammen mit seiner Frau Lilly, die er 1946 geheiratet hatte, mit einem Milchladen, der aber nach drei Jahren aus finanziellen Gründen wieder geschlossen werden musste. 1959 fand er eine Beschäftigung als Bautechniker und nebenbei absolvierte er von 1960 bis 1967 ein Fernstudium der Architektur. Danach arbeitete er bis zu seiner Pensionierung 1980 als Bauingenieur.

Zurück in Stuttgart – politisches Engagement

1947 war Hans Gasparitsch beteiligt an der Gründung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN). Außerdem war er an zahlreichen Antikriegs- und Antiaufrüstungsdemonstrationen beteiligt. Hier war Hans Gasparitsch viele Jahre in vorderer Reihe aktiv, ebenso bei Demonstrationen gegen Rechtsextremismus, gegen die Berufsverbote in den 1970er und die Nachrüstung in den 1980er Jahren. Mehrfach trat er dabei mit anderen KZ-Überlebenden in Sträflingskleidung auf. Des Weiteren veranstaltete er zahlreiche Führungen in den Gedenkstätten Oberer Kuhberg, Dachau und Buchenwald sowie in Stuttgart. Dem Trägerverein des Dokumentationszentrums Oberer Kuhberg stand er lange Zeit vor. Außerdem besuchte er immer wieder Schulen und Universitäten, um über seine Erlebnisse in der Nazizeit zu berichten.

Am 26. Mai 2000 wurde ihm in Anerkennung seines antifaschistischen Engagements das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen. Am 13.4.2002 verstarb Hans Gasparitsch in Stuttgart im Alter von 96 Jahren.

Hans Gasparitsch ist geboren und aufgewachsen in Stuttgart-Ost und auch nach seiner schweren und langen Zeit in den verschiedenen Konzentrationslagern führte ihn sein Weg wieder zurück nach Stuttgart-Ost. Er war Kommunist, Antifaschist und Antirassist hat sich zeitlebens eingesetzt für eine bessere Welt und solidarischen Umgang miteinander. Mit dem Stadtteilzentrum Gasparitsch wollen wir an sein Engagement erinnern.

CategoriesAllgemein