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Mitbestimmung – Teilnahme oder Gestaltung?

Mitbestimmung –
Ein Thema, von dem wir alle, die im Gasparitsch engagiert sind, sagen würden, dass es ganz zentrales Thema für ein Stadtteilzentrum wie das Gasparitsch ist. Was aber genau bedeutet das eigentlich, Mitbestimmung? Und warum ist es für das Gasparitsch so wichtig? Was unterscheidet Mitbestimmung in unserem Stadtteilzentrum von der Mitbestimmung in anderen Stadtteilzentren oder Einrichtungen?

Betrachten wir zuerst das Wort mitbestimmen. Zusammengesetzt aus der Vorsilbe „mit“ und dem Verb „bestimmen“. Der Bedeutung nach beschreibt es einen gemeinschaftichen Vorgang: das Bestimmen und das Dabeisein beim Bestimmen. Meint also: Mit anderen – Gleichgesinnten oder Andersdenkenden – gemeinsam zu bestimmen. Oder steckt im Wort nicht auch:
– Es gibt schon „Bestimmer“ und jede/jeder darf nur mitmachen, also mitbestimmen?
– Bestimmen Menschen ihr Leben selbst, oder bestimmen sie es mit?
– Welche Formen der Mitbestimmung gibt es?

In Deutschland ist Mitbestimmung in der Arbeitswelt, in der Politik und in der Pädagogik gesetzlich geregelt. Mitbestimmung bezeichnet die Mitwirkung und Mitentscheidung jener, die in einer durch formale Rechts- oder Beziehungsansprüchen begründeten Abhängigkeitsbeziehung durch Entscheidungen anderer in der Arbeits- und Lebensweise beeinflusst oder fremdbestimmt werden.
Betrachten wir nun die einzelnen Bereiche.

In der Arbeitswelt

In Deutschland gibt es gesetzliche Mitbestimmungsregelungen. Dabei wird unterschieden zwischen der betrieblichen Mitbestimmung nach dem Betriebsverfassungsgesetz, die durch den Betriebsrat bei sozialen, personellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten ausgeübt wird. Und der Mitbestimmung auf Unternehmensebene nach den Mitbestimmungsgesetzen.
Die paritätische (gleichberechtigte) Regelung der Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisse durch Tarifverträge stellt eine Sonderform der verbandlichen Mitbestimmung dar.
Die Mitbestimmung ist aus einem langen historischen Prozess aus Arbeitskämpfen mit unterschiedlichen Motiven und Zielsetzungen hervorgegangen.
In einem Mitbestimmungsurteil vom 1. März 1979 stellt das Bundesverfassungsgesetz fest: “ Die Unternehmungsmitbestimmung hat die Aufgabe, die mit der Unterordnung der Arbeitnehmer unter fremde Leitungs- und Organisationsgewalt in großen Unternehmen verbundene Fremdbestimmung durch die institutionelle Beteiligung an den unternehmerischen Entscheidungen zu mildern und die ökonomische Legitimation der Unternehmensleitung durch eine soziale zu ergänzen.“

In der Politik

Politische Mitbestimmung ist die Teilhabe und Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an politischer Willensbildung und Entscheidungsprozessen. Politische Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger gilt als Voraussetzung, Bestandteil und wesentliches Merkmal der Demokratie. Die international vielzitierte Definition politischer Mitbestimmung stammt von Samuel P. Huntington und Joan M. Nelson:“ Mit der politischen Partizipation (Mitgestaltung) meinen wir Aktivitäten privater Bürger, deren Bestimmung es ist, die Entscheidungsfindung der Regierung zu beeinflussen.“

Neben den Wahlen – Bundestag, Landtag, Gemeinderat, Stadtrat, Bezirksbeirat, Ortschaftsrat – gibt es die Möglichkeiten der politischen Mitbestimmung in verschiedenen Beiräten, wie Inklusions-, Integrations-, Jugend-, Seniorenbeirat, oder in Bürgerinitiativen.
Konventionelle, sprich traditionelle und übliche, und institutionalisierte, also anerkannte Mitbestimmungsformen sind die Wahlbeteiligung, die Partizipation in Parteien oder Interessensverbänden so wie die Übernahme von politischen Ämtern.

Partizipation in der Pädagogik

Mitbestimmung wird wie folgt definiert: “Partizipation bedeutet Beteiligung und Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen. Hier gilt es alle Kinder und Jugendlichen in ihrer Individualität zu fördern und ihren Bedürfnissen gerecht zu werde.“

Frauen und Mitbestimmung

Das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen trat am 1. Mai 2015 in Kraft. Die Quote wird umzusetzen versucht, jedoch auch nicht mehr. Zwar hat sich der Anteil von Frauen in Aufsichtsräten seit Einführung der gesetzlichen Vorgaben erhöht, ist jedoch seither ins Stocken geraten. In der Politik ein ähnliches Bild: 9 % Bürgermeisterinnen und der Frauenanteil im Parlament beträgt 35 %.

Mitbestimmung ist ein wesentliches Bedürfnis von Menschen. Sie wollen mitbestimmen, wie sie arbeiten, wie sie leben und wie ihr Lebensumfeld aussehen soll.

Nicht zuletzt deswegen ist sie in vielen Bereichen des Lebens gesetzlich geregelt, wie wir in diesem Artikel aufgezeigt haben. Für ein Stadtteilzentrum wie das Gasparitsch geht Mitbestimmung noch darüber hinaus. Hier soll nicht erreicht werden, dass ein „Bestimmer“ wie der Arbeitgeber, dazu gebracht wird, in seinen Entscheidungen die Stimmen der Angestellten zu hören. Im Gasparisch kann jeder, der sich engagiert, „Bestimmer“ sein.

Das Stadtteilzentrum Gasparitsch ist ein Ort, der davon lebt, dass jede und jeder mitbestimmen und somit auch mitgestalten kann, nicht durch formale Rechts- oder Besitzansprüche begründet, nicht in Abhängigkeitsbeziehungen und Entscheidungen anderer und nicht beeinflusst oder fremdbestimmt.

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