„Ich wünsche mir nach Corona eine Riesensause“ – Interview mit dem Laboratorium

Magst du dich kurz vorstellen?
Anette Battenberg, ich arbeite seit rund 20 Jahren hauptamtlich im Laboratorium in der Wagenburstr. 147. Das Lab ist der älteste Liveclub in Stuttgart (seit 1972) und soziokulturelles Zentrum. (falls ihr mehr Infos zu usn wollt, kann ich gerne noch was liefern).

Welchen Einfluss hatte Corona auf Euer Programm?
Es hat bis auf wenige Ausnahmen nicht mehr stattgefunden. Am Fr. 13. März 2020 mussten wir schließen und kurzfristigst alles absagen. Da das Lab traditonellerweise eine Sommerpause macht und diese dazu nutzt, das Lab-Festival Ende August vorzubereiten, fand im Sommer bei uns nichts statt. Dann mussten wir auch das Festival coronabedingt absagen. Ende September begann unsere Herbstsaison, natürlich mit extrem reduzierter Platzzahl und einem ausgedünnten Programm, weil einige ausländische Bands ihre Tourneen kurzfristig noch gecancelt haben. Am 1. November war dann ja schon wieder Schluss. Seitdem verschieben und warten wir mit unserem Publikum sehnsüchtig auf die Wiedereröffnung. Auf digitale Formate haben wir verzichtet, weil das Lab einfach für hautnahe Livekultur steht – also genau das Gegenteil digitaler Formate. Für den Sommer planen wir nun verschiedene kleine Open-Air-Veranstaltungen und kriegen das hoffentlich genehmigt.

Was hat sich denn dadurch verändert ?
Leider lässt sich nicht allzuviel Positives finden. Während der kurzen Saison im September und Oktober waren wir immer ausverkauft (bei einem Drittel der sonstigen Kapazität), und alle waren extrem froh und dankbar, endlich wieder Livekultur zu erleben. Es gab auch keinerlei Probleme mit Hygienekonzept, Maskenpflicht etc. Das war wirklich superschön.

Wie hat der Stadtteil reagiert? Habt ihr Solidarität erfahren?
Das Lab strahlt ja weit über den Osten hinaus. Unser Publikum kommt aus ganz Stuttgart und der Region. Ich stehe mit allen, die bei uns Tickets gekauft haben, in direktem Kontakt und habe da schon sehr viel gute Worte und Solidarität erlebt. Wir haben viele Spenden bekommen, von einzelnen Tickets, die Leute nicht einlösen noch zurückbezahlt haben möchten, bis zu vierstelligen Summen. Uns erreichen fast täglich Mails, die uns Mut machen und in denen die Leute schreiben, wie sehr ihnen das Liveprogramm und die Begegnung mit anderen Menschen fehlt. Das macht uns mal wieder bewusst, wie wichtig unsere Arbeit auch im sozialen Sinn ist.

Wie geht es für euch weiter?
Wir stehen in den Startlöchern, wir haben ein Programm für die nächste Monate und sind bereit, sofort wieder loszulegen. Bis dahin verwalten wir die Absagen und Verschiebungen, nutzen aber auch die Zeit, um im Haus selber einige Arbeiten zu erledigen und konzeptionell am Programm zu arbeiten.

Eure skurillste Corona-Anekdote?
Leider war nix Skurriles dabei. Dass in England kürzlich ein 32jähriger vom NHS zur Impfung eingeladen wurde, weil er angeblich über eine Körpergröße von 6,2 cm und damit über einen BMI von 28.000 verfügte (natürlich ist er eigentlich 6,20 Fuß groß) – derart skurrile Dinge passieren wohl nur im Mutterland der Skurrilität.

Was kann denn der Stadtteil für Euch tun? Worüber würdet ihr euch freuen?
Ich wünsche mir nach Corona eine Riesensause im ganzen Osten. Gesperrte Straßen, und Menschen die auf allen Plätzen und Straßen spontan tanzen, singen, essen, trinken, sich in den Armen liegen und küssen. All der wunderbare Schweinkram sozusagen, der jetzt nicht möglich ist.

CategoriesAllgemein